Die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers im Rahmen eines Arbeitsvertrages ist die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung, die Hauptpflicht des Arbeitgebers ist die Lohnzahlung. Kommt der Arbeitgeber seiner Hauptpflicht nicht nach, ist er mit der Zahlung des Lohnes oder Gehalts des Arbeitnehmers gemäß § 614 BGB unverzüglich in Verzug. Eine vorherige Mahnung durch den Arbeitnehmer ist indes ehrlich, da für die Lohnzahlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist.
Folgende Möglichkeiten stehen Ihnen als Arbeitnehmer in dieser Situation wenn der Arbeitgeber nicht oder nicht pünktlich den Lohn oder das Gehalt auszahlt zur Verfügung:
Aufforderung an den Arbeitgeber zur Gehaltszahlung
Zunächst sollte ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber zur Zahlung des Gehaltes auffordern. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Buchhaltung ein Fehler unterlaufen ist oder eine Fehlüberweisung getätigt wurde.
Am einfachsten ist es, wenn der Arbeitnehmer zeitnah ein persönliches Gespräch mit dem Arbeitgeber sucht und ihn in diesem Rahmen bittet, das Gehalt auszuzahlen. Erfolgt trotz des persönlichen Gespräches keine Gehaltszahlung, sollte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nach zwei bis drei Tagen erneut schriftlich, unter Setzung einer Zahlungsfrist, zur Zahlung auffordern und abmahnen. Zwar wird eine Abmahnung nicht zwingend verlangt, jedoch wird sie im Falle einer nachfolgenden außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitnehmer im Rahmen einer Gesamtabwägung der Umstände zu berücksichtigen sein und ist daher bereits an dieser Stelle zu empfehlen. Zudem sollte in diesem Schreiben erwähnt werden, dass bei Nichtzahlung die Arbeit in Zukunft verweigert wird und, dass in naher Zukunft durch einen Rechtsanwalt Gehalts- sowie Schadensersatzansprüche, gegebenenfalls gerichtlich, geltend gemacht werden.
Verweigerung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer (Zurückbehaltungsrecht der Arbeitskraft)
Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer das Recht die Arbeit vorübergehend zu verweigern, sofern der Arbeitgeber mit der Gehaltszahlung in Verzug ist. Dies ist das sogenannte Zurückbehaltungsrecht der Arbeitskraft gemäß §§ 273, 320 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das Berufen auf das Zurückbehaltungsrecht ist gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich zu begründen und mitzuteilen unter welchen Umständen der Arbeitnehmer seine Arbeit erneut aufnehmen wird. Im Falle des Zahlungsverzuges ist vom Arbeitnehmer hierbei jeder einzelne Monat mit Gehaltsbezifferung darzulegen.
Gemäß § 614 BGB muss der Arbeitnehmer grundsätzlich seine Arbeitsleistung vorleisten, um später Gehalt zu erhalten (sogenannte Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers). Aus diesem Grund ist eine vorherige Unterrichtung des Arbeitgebers über die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes notwendig. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes kann jedoch im Einzelfall gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unberechtigt sein. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Zahlungsverzug nur kurzfristig andauern wird oder er verhältnismäßig gering ist.
Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass der Arbeitnehmer in der Phase der Arbeitsverweigerung gemäß § 615 Satz 1 BGB so zu bezahlen ist, als hätte er die Arbeitsleistung in diesem Zeitraum tatsächlich erbracht. Dies beruht darauf, dass sich der Arbeitgeber während der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes im Annahmeverzug befindet. Nimmt der Arbeitnehmer jedoch irrtümlich ein Zurückbehaltungsrecht an, muss er damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihn unter Umständen aufgrund von Arbeitsverweigerung oder unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit außerordentlich oder ordentlich kündigt.
Beantragung von Arbeitslosengeld trotz Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
Der Arbeitnehmer hat trotz eines bestehenden Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 157 Absatz 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch III (SGB III), wenn der Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Verzug ist, sprich der Arbeitnehmer tatsächlich kein Gehalt erhält, sich auf sein Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 320 BGB) berufen hat und nicht arbeitslos ist. Wenn die vorgenannten Kriterien erfüllt sind, wird dem Arbeitnehmer das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld eigentlich ruht. Für eine Zahlung von Arbeitslosengeld in der vorliegenden Konstellation muss sich der Arbeitnehmer bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos melden und das Arbeitslosengeld beantragen. Sollte der Arbeitgeber wieder zahlungsfähig sein, ist der Anspruch auf Zahlung des Gehaltes des Arbeitnehmers auf die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 115 Absatz 1 SGB X übergegangen.
Geltendmachung von Verzugszinsen
Sobald der Arbeitgeber das Gehalt nicht rechtzeitig zahlt, gerät er unverzüglich und ohne vorherige Mahnung durch den Arbeitnehmer automatisch in Verzug. Für die Zeit, die der Arbeitgeber in Verzug ist, kann der Arbeitnehmer sogenannte Verzugszinsen verlangen. Die Höhe der Zinsen ergibt sich hierbei entweder aus dem Arbeitsvertrag, aus einem Tarifvertrag oder aus dem Gesetz selbst. Die Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen beträgt hierbei gemäß § 288 Absatz 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz. Die Ermittlung von Verzugszinsen ist auf das Bruttogehalt gerichtet.
Schadensersatzansprüche
Dem Arbeitnehmer können in einer solchen Situation regelmäßig weitere Schäden durch die Nichtzahlung des Gehaltes entstehen. Der Arbeitgeber ist im Falle des Zahlungsverzuges indes ebenfalls verpflichtet dem Arbeitnehmer kausale Schäden, für die er durch die Nichtzahlung des Lohnes verantwortlich war, zu erstatten.
Erhebung einer Lohnklage
Der Arbeitnehmer kann im Falle des Zahlungsverzuges und der Weigerung des Arbeitgebers das Gehalt zu zahlen, nach vorheriger nachweisbarer schriftlicher oder mündlicher Aufforderung zur Gehaltszahlung, durch Erhebung einer Lohnklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht die ausstehenden Gehaltszahlungen sowie anderweitige Ansprüche wie Schadenersatz und Verzugszinsen einklagen. Alle Positionen, die geltend gemacht werden sollen, müssen hierbei ausdrücklich im Klageantrag bezeichnet werden.
Üblicherweise wird die Klage durch Übersendung eines Schriftsatzes an das Gericht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem zuständigen Arbeitsgericht erhoben. Da ein arbeitsgerichtliches (Haupt-)Verfahren jedoch mehrere Monate dauern kann, empfiehlt es sich, bei erheblichen Schwierigkeiten für den Arbeitnehmer aufgrund des Lohnausfalles, zusätzlich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, welches ein sogenanntes Eilverfahren ist und lediglich wenige Tage, bzw. Wochen dauert, bei Gericht zu stellen.
Außerordentliche (fristlose) Kündigung gemäß § 626 BGB
Sofern die Voraussetzungen des § 626 BGB vorliegen, steht es dem Arbeitnehmer jederzeit frei, sein Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber erfolglos abgemahnt hat und ein wichtiger Grund, welcher die Kündigung rechtfertigt, besteht. Der Zahlungsverzug des Arbeitgebers stellt regelmäßig einen wichtigen Grund dar. Jedoch muss im Rahmen der Kündigung auch immer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden. Dies ist regelmäßig der Fall, sofern eine erfolglose Abmahnung erfolgt ist, der Zahlungsrückstand mindestens zwei Bruttomonatsgehälter beträgt, es sich bei dem Zahlungsrückstand nicht um Teilleistungen handelt und der Zahlungsverzug nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne zu der Kündigung steht.
Die außerordentliche fristlose Kündigung stellt in der Regel den letzten Schritt des Arbeitnehmers dar, wenn zuvor alle anderen genannten Schritte unternommen wurden. Mit der Kündigung hat der Arbeitnehmer dann Anspruch auf Schadenersatz gem. § 628 Abs. 2 BGB . Hierbei haftet der Arbeitgeber für solche Schäden, die er durch sein vertragswidriges Verhalten veranlasst hat.
Zu beachten ist jedoch, dass von einer zu schnellen Kündigung, unter Berücksichtigung des Zurückbehaltungsrechtes und Beantragung des Arbeitslosengeldes, abgeraten wird. Das Gericht wird in diesem Zusammenhang häufig den notwendigen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung verneinen.